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Neue im Rahmen der Corona-Krise verabschiedete Maßnahmen des französischen Gesetzgebers und der Regierung

Posted in: Kanzleileben
25 Mar 2020

PLFR2020 (Änderungen des französischen Jahresfinanzgesetzes 2020)

Das Parlament hat nunmehr endgültig den Entwurf zur Änderung des Haushaltsgesetzes für 2020 (PLFR2020) angenommen, der am 23. März verkündet und am folgenden Tag im Amtsblatt veröffentlicht wurde.

Die Punkte des PLFR2020, die sich auf die außergewöhnliche Gesundheitssituation beziehen, sind in unserer Veröffentlichung vom letzten 19. März aufgeführt und hier auf Französisch zugänglich https://www.sagasser.com/fr/news-fr/tax-news-fr/projet-de-loi-de-finances-rectificatives-pour-2020-a-jour-au-19-mars-2020/.

Covid19 Gesetz

Das Parlament hat das Gesetz Nr. 2020-290 vom 23. März 2020 “als Notstandsmaßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie” (Covid19 Gesetz) verabschiedet, das bereits am 24. März 2020 verkündet und veröffentlicht wurde.

Insbesondere ermächtigt dieses Gesetz die Regierung, durch eine Verordnung außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, die normalerweise in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Die Verordnung war zu einem großen Teil notwendig, um die Ankündigungen des Präsidenten von Frankreich in seiner Ansprache vom 16. März umzusetzen.

Das Covid19 Gesetz schafft somit ein neues Kapitel des Gesetzes zur öffentlichen Gesundheit mit dem Titel “Gesundheitsnotstand”, das per Dekret im Ministerrat erklärt werden kann und eine Reihe von Maßnahmen mit Ausnahmecharakter zulässt. Ein Notstand im Bereich der öffentlichen Gesundheit muss durch ein Gesetz genehmigt werden, damit dieser länger als einen Monat andauern kann. Das Covid19 Gesetz legt den aktuellen Gesundheitsnotstand auf zwei Monate, d.h. bis zum 24. Mai 2020, fest.

Zu den wichtigsten allgemeinen Maßnahmen, die unmittelbar anwendbar sind, gehören die folgenden:

  • die Aufhebung der Wartezeit für Arbeitsunterbrechungen oder Krankschreibungen ab der Veröffentlichung des Covid19 Gesetzes und bis zum Ende des Gesundheitsnotstands, wobei eine Vergütung ab dem ersten Tag der Unterbrechung oder der Krankschreibung möglich ist
  • eine Erhöhung der Kapazität zur Mittelbindung und Abwicklung der Investitionsausgaben der öffentlichen Einrichtungen und den Gebietskörperschaften von 25% des Betrags der Mittel des vorhergehenden Haushaltsplans (vgl. Art. L.1612-1 der Gebietskörperschaftsordnung) auf 7/12 (ca. 58,3%)
  • die Verschiebung des regulärem Rechnungsabschlusses vom 30. Juni jeden Jahres auf den 31. Juli 2020 (vgl. Art. L.1612-12 der Gebietskörperschaftsordnung)
  • die Herabsetzung der Beschlussfähigkeit der beratenden Organe der Gebietskörperschaften auf 1/3 bei der ersten Einberufung und seine Abschaffung bei der zweiten Einberufung; und
  • die Möglichkeit, für dieselben beratenden Organe der Gebietskörperschaften auf die elektronische oder postalische Abstimmung zurückzugreifen (mit Ausnahme der Abstimmungen, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben ist).

Neben diesen direkt anwendbaren Maßnahmen sieht das Covid19 Gesetz auch zahlreiche Ermächtigungen der Exekutive vor, die Wirtschaftsakteure direkt betreffen. Maßnahmen, die speziell den medizinischen Sektor betreffen, die Feststellung von Straftaten im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung von Maßnahmen, die im Rahmen des Gesundheitsnotstands ergriffen wurden, und Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verschiebung des zweiten Wahlgangs der Kommunalwahlen werden in diesem Artikel nicht näher erläutert.

Wir weisen darauf hin, dass die parlamentarische Genehmigung die Möglichkeit einschließt, die Maßnahmen mit Rückwirkung bis zum 12. März vorzusehen.

In diesem Zusammenhang ermächtigen die wichtigsten Regelungen des Covid19 Gesetzes die Regierung per Verordnung, insbesondere:

  • die Schließung von Einrichtungen anzuordnen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften;
  • vorübergehende Maßnahmen zur Kontrolle der Preise bestimmter Produkte zu ergreifen, um “Spannungen auf dem Markt für bestimmte Produkte zu verhindern oder zu korrigieren”;
  • alle Güter und Dienstleistungen, die zur Bekämpfung der Gesundheitskatastrophe benötigt werden, zu beschlagnahmen;
  • die Unternehmensfreiheit einzuschränken, wenn dies ausschließlich dem Zweck dient, die gesundheitliche Katastrophe zu beenden;
  • alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Kurzarbeit zu erleichtern und zu verstärken, insbesondere durch die Ausweitung auf neue Kategorien von Leistungsempfängern und durch die Verringerung des vom Arbeitgeber zu tragenden Restbetrags;
  • gewisse Lockerungen der arbeitsrechtlichen Vorschriften zuzulassen, insbesondere (i) durch Branchen- oder Unternehmensvereinbarungen, die es den Arbeitgebern ermöglichen, die Termine für die Inanspruchnahme von Urlaub innerhalb einer Sechstagefrist vorzuschreiben oder zu ändern, (ii) die Erlaubnis, die Termine für Tage mit reduzierter Arbeitszeit zu ändern, (iii) die Erlaubnis, die Termine und Bedingungen für die Auszahlung der Gewinnbeteiligung und der außerordentlichen Prämie zur Stärkung der Kaufkraft an die Arbeitnehmer zu ändern, (iv) die Erlaubnis, die Bedingungen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertretungen zu ändern, sowie die mögliche (v) Erlaubnis, die Bedingungen für die Wahl der Schöffen des Arbeitsgerichts zu ändern und gegebenenfalls die Erlaubnis, die Amtszeit der Schöffen des Arbeitsgerichts zu verlängern;
  • den Unternehmen in Sektoren, die für die Sicherheit der Nation oder die Fortsetzung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens besonders notwendig sind, zu gestatten, von den Regeln der öffentlichen Ordnung und den Bestimmungen der Vereinbarungen über die Arbeitszeit, die wöchentliche Ruhezeit und die Sonntagsruhe abzuweichen;
  • eine Lockerung des Verfahrensrechts zu ermöglichen, insbesondere durch (i) die Anpassung der Fristen und Verfahren für die Einreichung und Bearbeitung der bei den Verwaltungsbehörden eingereichten Erklärungen und Anträge und (ii) die Anpassung, Unterbrechung oder Aussetzung der Fristen, die nach Ablauf zum Erlöschen oder Rechtsausschluss eines Rechts führen oder die die Verjährung oder Verwirkung eines Rechts nach sich ziehen. Gleiches gilt für die Fristen zur Beendigung einer Zulassung oder Genehmigung oder der Einstellung einer Maßnahme (außer in Bezug auf Freiheitsentzug und Strafzahlungen);
  • die Schaffung von Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft zu ermöglichen, insbesondere durch (i) die Stärkung der Fähigkeit der öffentlichen Investitionsbank (BPI) zur Gewährung von Sicherheiten/Bürgschaften und (ii) die Möglichkeit für Kleinstunternehmen (d.h. mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Umsatz von weniger als 2 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von weniger als 2 Millionen Euro), die Mietzahlungen vollständig zu verschieben oder in Ratenzahlung zu leisten, Wasser-, Gas- und Stromrechnungen für Gewerbe- und Geschäftsräume sowie den Verzicht auf die finanziellen Sanktionen und die Aussetzungen, Unterbrechungen oder Kürzungen der Lieferungen, die im Falle der Nichtzahlung angewendet werden können; und
  • den Unternehmen eine flexiblere Arbeitsweise zu ermöglichen, indem die Fristen für die Genehmigung der Abschlüsse, die Verfahren für die Sitzungen der Gesellschaftsorgane und die beratenden Organe der Miteigentümer geändert werden (Verlängerung der Amtszeit des Hausverwalters).

Diese Maßnahmen – von denen einige erhebliche Beeinträchtigungen der bürgerlichen Freiheiten darstellen – müssen durch die Gesundheitskrise begründet sein, in angemessenem Verhältnis zu den Risiken stehen und können vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden.

Zu diesem Zeitpunkt werden die Verordnungen von der Exekutive ausgearbeitet.

Das Wirtschafts- und Finanzministerium hat jedoch bereits bestimmte Maßnahmen angekündigt, die im Folgenden näher erläutert werden.

1 – Staatsbürgschaften für Liquiditätsdarlehen

Das staatliche Bürgschaftsprogramm für Liquiditätsdarlehen an Unternehmen tritt am Mittwoch, 25. März 2020, in Kraft.

Wir weisen darauf hin, dass die Höhe der von den französischen Bankinstituten gewährten Liquiditätsdarlehen auf 25% des Umsatzes 2019 (oder des letzten genehmigten Geschäftsjahres) der Unternehmen, die dies beantragen, oder auf zwei Jahre Lohnsumme begrenzt ist. Sie haben eine einjährige tilgungsfreie Zeit und werden dann über einen Zeitraum von 1 bis 5 weiteren Jahren getilgt. Die Staatsbürgschaft wird 70 bis 90% der Darlehenssumme abdecken, mit einer Gesamtobergrenze von 300 Milliarden Euro.

Bestimmte Finanzunternehmen und Immobiliengesellschaften werden von der Regelung ausgeschlossen.

Bisher werden keine Einzelheiten zu den anzuwendenden Sätzen angegeben, von denen zu erwarten ist, dass sie von den einzelnen Stellen selbst bestimmt werden.

Die gesamte gestern vom Ministerium veröffentlichte Verordnung ist hier verfügbar:

https://www.economie.gouv.fr/files/files/PDF/2020/dp-covid-pret-garanti.pdf

2 – Möglichkeit der Stundung der Zahlung/ Ratenzahlung von Mieten sowie an Wasser- oder Stromversorger

„Zum jetzigen Zeitpunkt wurden noch keine Regulierungsmaßnahmen zugunsten aller unter das Covid 19 Gesetz fallenden Unternehmen getroffen, und der Mechanismus zur Stundung von Zahlungen sowie zu Ratenzahlungen von Mieten, Pachtzinsen und Wasser- und Stromrechnungen betrifft derzeit nur Unternehmen, die für den Solidaritätsfonds in Frage kommen, d.h (i) Kleinstunternehmen (TPE), (ii) Selbstständige, (iii) Kleinstunternehmer und (iv) die freien Berufe, die weniger als 1 Million Euro Umsatz haben UND die kumulativ eine verwaltungsmäßige Schließung durchlaufen (zum Beispiel im Restaurantsektor) ODER die im März 2020 einen Umsatzverlust von mehr als 70% gegenüber März 2019 verzeichnen.

Für diese Unternehmen werden (i) Mieten und Nebenkosten monatlich statt vierteljährlich erhoben und (ii) die Erhebung von Mieten und Gebühren wird ab dem 1. April 2020 für alle per Verordnung verfügten Betriebsunterbrechungen ausgesetzt. Wenn die Unterbrechungsmaßnahmen eingestellt werden, werden diese Mieten und Nebenkosten ohne Straf- oder Verzugszinsen mit einem Zahlungsaufschub oder einer Ratenzahlung versehen. Das Ministerium gibt an, dass diese Bestimmungen für die betroffenen Unternehmen automatisch gelten.

Für Unternehmen, deren Tätigkeit ohne Unterbrechung durch die Krise stark beeinträchtigt wurde, wird ihre Situation von Fall zu Fall und mit Wohlwollen entsprechend ihrer wirtschaftlichen Gegebenheiten geprüft.

Wir weisen darauf hin, dass das Covid 19 Gesetz die Regierung ermächtigt, ähnliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen zu ergreifen, die als Kleinstunternehmen gelten (weniger als 10 Mitarbeiter und weniger als zwei Millionen Umsatz oder Bilanzsumme), was bisher nicht der Fall ist.“

3 – Solidaritätsfonds

Der Staat und die Regionen haben einen Solidaritätsfonds eingerichtet, in den Gemeindeverbände und Personen des Privatrechts einzahlen können (Großunternehmen).

Aus diesem Fonds wird Anfang April ein steuerfreier Betrag von 1.500 EUR pro Unternehmen gezahlt, sofern die oben genannten Kriterien für die Stundung/Ratenzahlung der gewerblichen Mieten erfüllt sind. Der Antrag wird über eine Erklärung auf der Website impôt.gouv gestellt.

4 – Kurzarbeit

Sehen Sie sich gerne hierzu unser früheres Informationsschreiben vom 16. März 2020 an, dessen Informationen weiterhin relevant sind: hier verfügbar.

Die einzige, aber wichtige Neuerung besteht darin, dass das Unternehmen, das auf Kurzarbeit zurückgreift, vom Staat die Beträge, die als Ausgleich für seine Beschäftigten gezahlt werden, bis zu einem monatlichen Bruttolohn von 6 927 EUR, d.h. dem 4,5-fachen des SMIC, vollständig zurückerstattet bekommt.

5 – Stundung der Sozialversicherungsbeiträge

Zusätzlich zu den Informationen, die wir bereits in unserem vorherigen Informationsschreiben vom 16. März dargestellt haben, hat das Ministerium gestern auch die Bedingungen für die Beantragung einer Stundung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge für Unternehmen mit einem Fälligkeitsdatum zum 5. April (Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten) festgelegt. Diese Beiträge können ohne Sanktionen drei Monate lang aufgeschoben werden.

6 – Alte, aber relevante Verfahrenswege in dieser turbulenten Zeit!

Ohne dass dies eine Neuheit wäre, erinnert das Ministerium auch an die Möglichkeit, (i) sich an das zuständige Gremium der überregionalen Finanzämter (Commission des chefs de services financiers CCSF) zu wenden, um Fristen für die Zahlung von Steuer- und Sozialversicherungsschulden (Arbeitgeberanteil) vertraulich zu erhalten, (ii) das Kreditvermittlungssystem anzuwenden und (iii) auf Unternehmensvermittler zurückzugreifen.

Alle Bekanntmachungen des Ministeriums sind hier verfügbar: https://www.economie.gouv.fr/coronavirus-soutien-entreprises#

 

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